SCALINA

Gabrielle Bieber-Delfosse

Dr. phil. Psychologin FSP

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Vorwort zum Buch „Vom Medienkind zum Kinderstar“


Die Medienprotagonisten selbst werden von ihrem Einsatz geprägt; Kinder die als angehende Stars angesehen werden, sind einem enormem Erwartungsdruck ausgesetzt und bilden den für sie zermürbenden Mittelpunkt der Familie. Sie werden in besonders ausgeprägter Weise fremdbestimmt, manipuliert. Während aber der Missbrauch der Kinder als Kindersoldaten oder ihre Arbeitsausbeutung in der Produktion nach und nach ein öffentlich diskutiertes Thema werden, bleibt der Einsatz von Kindern in den Medien, in der Werbung und als Stars weithin tabuisiert, sowohl was die Wirkung der Rezeption dieser Modelle anbelangt, wie auch im Hinblick auf die manipulierte Kindheit der Betroffenen.


Diese Tabuisierung ist kein Zufall. Denn die Welt und die Wirkung der Kinderstars ist Bestandteil unserer Konsumwelt, deren Wirtschafts-wachstum hohe Priorität eingeräumt wird, da der allgemeine Wohlstand damit verknüpft ist. Die Kinder dienen gesellschaftlichen und wirtschaft-lichen Ambitionen, die nicht selten auch die erklärten Prioritäten ihren Eltern und anderer Erwachsener sind. Andererseits widerspricht dieser Gebrauch der Kindheit - oft ein unübersehbarer Missbrauch - den humanistischen Erziehungszielen, wie etwa der Entwicklung von echter Autonomie und Selbstbestimmung. Eltern und Erwachsenen im allgemeinen sitzen in der Falle von Wertekonflikten zwischen ihren Erziehungsidealen und einer auf materiellen und gesellschaftlichen Erfolg bauenden Konsumgesellschaft, der wir alle gemeinsam angehören.


Was in Erziehungsschriften oder in Gesprächen über Kindererziehung hoch gehalten wird und durch die Deklaration der Rechte des Kindes durch die Vereinten Nationen verbrieft ist, ist eines - ein anderes, wozu Kinder mit oft sanftem, aber unausweichlichem Druck gebracht werden, und in welche Rolle sie gedrängt werden. Dabei verhalten sich die Erwachsenen oft wie der Wolf im Märchen von Rotkäppchen oder in jenem vom Wolf und den sieben Geisslein: der Wolf, der das kleine Mädchen verschlingen wird, spricht freundlich und aufmunternd mit ihm; sein Kollege im zweiten Märchen schluckt Kreide, um seine Opfer mit wohlklingender Stimme zu überzeugen, ihm Tür und Tor zum Untergang zu öffnen.


Die Autorin ist diesem Tabuthema in seinen verschiedenen Facetten während vieler Jahre unermüdlich beobachtend, forschend, und fragend nachgegangen. Nicht selten stiess sie in ihren Recherchen auf Unwillen und Widerstand. Ihr Buch ist eine lebensnahe Dokumentation, die geeignet ist, den Leser zu erschüttern, weil die Tatsachen für sich sprechen ohne dass sie eine Anklageschrift verfasst hätte. Sie zeigt, welche grossen seelischen Schwierigkeiten der Kindheit bereitet werden können, auch ohne dass die Familie zerrüttet oder soziale Not belastend wären.


Gerade zu einem Zeitpunkt, da die Umsetzung der Erklärung der Rechte des Kindes durch die Nationen der Weltgesellschaft ansteht, während gleichzeitig die wirtschaftliche Globalisierung - mit auch für die Kindheit

problematischen Begleitscheinungen - im Gange ist, bildet das vorliegende Buch ein bedeutenden Meilenstein auf dem Weg, der Kindheit Respekt und vertieftes Verständnis zu verschaffen; es erinnert an die private und an die gesellschaftliche Verantwortung, Kindern die Entwicklungsbedingungen für eine möglichst freie und unabhängige Entfaltung zu garantieren und dazu die den Interessen der Erwachsen dienende extreme Manipulation von Kindheit zu demaskieren und einzuschränken.


Prof. Dr. med. Heinz Stefan Herzka